Europäische Genossenschaft

Zum letzten Mal aktualisiert am

Die Europäische Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea - SCE) ist eine Rechtsform für Genossenschaftsstrukturen aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), das heißt den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU), Island, Liechtenstein und Norwegen.

Hauptzweck der SCE ist es:

  • den Bedarf ihrer Mitglieder zu decken und/oder deren wirtschaftliche und/oder soziale Tätigkeiten zu fördern; sie tut dies insbesondere durch den Abschluss von Vereinbarungen mit ihren Mitgliedern über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen oder die Durchführung von Arbeiten im Rahmen der Tätigkeiten, die die SCE ausübt oder ausüben lässt; und/oder
  • den Bedarf ihrer Mitglieder durch ihre Beteiligung an wirtschaftlichen Tätigkeiten in der vorstehend beschriebenen Weise an einer oder mehreren SCE und/oder nationalen Genossenschaften zu decken. Eine SCE kann ihre Tätigkeiten über eine Tochtergesellschaft ausüben.

Die SCE hat eine eigene Rechtspersönlichkeit und ist eine Gesellschaft, deren Grundkapital in Geschäftsanteile zerlegt ist.

Die Mitgliederzahl und das Grundkapital der SCE sind veränderlich.

Sofern in der Satzung der SCE bei der Gründung nichts anderes vorgesehen ist, haftet ein Mitglied der Genossenschaft nur bis zur Höhe seines eingezahlten Geschäftsanteils. Gilt für die Mitglieder der SCE eine beschränkte Haftung, so wird der Firma der SCE der Zusatz „mit beschränkter Haftung“ angefügt.

Betroffene Personen

Verschiedene Gründungsarten einer Europäischen Genossenschaft

Eine SCE kann gegründet werden:

  • von mindestens 5 natürlichen und/oder juristischen Personen:
    • deren (Wohn-)sitze in mindestens 2 Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) liegen;
    • nach dem Recht eines EU-Mitgliedstaats;
    • die dem Recht von mindestens 2 EU-Mitgliedstaaten unterliegen;
  • durch Verschmelzung von Genossenschaften, die nach dem Recht eines EU-Mitgliedstaats gegründet worden sind und ihren satzungsmäßigen Sitz sowie ihre Hauptverwaltung in diesem Staat haben, sofern mindestens 2 von ihnen dem Recht verschiedener EU-Mitgliedstaaten unterliegen;
  • durch Umwandlung einer Genossenschaft, die nach dem Recht eines EU-Mitgliedstaats gegründet worden ist und ihren satzungsmäßigen Sitz sowie ihre Hauptverwaltung im EWR hat, wenn sie seit mindestens 2 Jahren eine dem Recht eines anderen EU-Mitgliedstaats unterliegende Niederlassung oder Tochtergesellschaft hat.

Gründung durch Verschmelzung

Eine SCE kann durch Verschmelzung gegründet werden:

  • entweder nach dem Verfahren der Verschmelzung durch Aufnahme;
  • oder nach dem Verfahren der Verschmelzung durch Gründung einer neuen juristischen Person.

Der Verschmelzungsplan wird je nachdem vom Verwaltungsrat oder vom Vorstand aufgestellt. Er wird für jede der verschmelzenden Genossenschaften mindestens einen Monat vor der Hauptversammlung in der Elektronischen Sammlung der Gesellschaften und Vereinigungen (Recueil électronique des sociétés et associations - RESA) sowie in den Amtsblättern der betreffenden anderen Mitgliedstaaten veröffentlicht.

Für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Verschmelzung und die Ausstellung der Bescheinigung, aus der hervorgeht, dass die der Verschmelzung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten durchgeführt wurden, ist der beurkundende Notar zuständig.

Für jede der verschmelzenden Genossenschaften gilt zwecks Durchführung der Verschmelzung die gleiche Veröffentlichungspflicht wie bei Verschmelzungen von Aktiengesellschaften.

Umwandlung einer Genossenschaft in eine Europäische Genossenschaft

Die Umwandlung einer Genossenschaft in eine SCE hat weder die Auflösung der Genossenschaft noch die Gründung einer neuen juristischen Person zur Folge.

Der satzungsmäßige Sitz der Genossenschaft darf anlässlich der Umwandlung nicht in einen anderen Mitgliedstaat verlegt werden.

Der Plan zur Umwandlung einer Genossenschaft in eine SCE wird vom Verwaltungsorgan aufgestellt.

Der Umwandlungsplan wird in der Elektronischen Sammlung der Gesellschaften und Vereinigungen veröffentlicht.

Ein oder mehrere unabhängige externe Sachverständige bescheinigen die Einhaltung der Bedingungen bezüglich des Umtauschverhältnisses der Geschäftsanteile und gegebenenfalls die Höhe der baren Zuzahlungen. Bei diesen Sachverständigen handelt es sich um vom Verwaltungsorgan unter den Mitgliedern des Wirtschaftsprüferinstituts (Institut des réviseurs d’entreprises) bestellte Wirtschaftsprüfer.

Kosten

Die Gründung einer SCE bringt einige Kosten mit sich, darunter:

  • Kosten für die Veröffentlichung im Handels- und Firmenregister (Registre de commerce et des sociétés - RCS);
  • Notarkosten;
  • etwaige Kosten im Zusammenhang mit der Ausstellung von amtlichen Genehmigungen.

Vorgehensweise und Details

Gründung der SCE

Die Gründung einer SCE unterliegt dem auf Genossenschaften anwendbaren Gesetz und der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE).

Die SCE muss unter denselben Bedingungen wie eine Aktiengesellschaft (société anonyme) vor einem Notar gegründet werden.

Die Gründung einer SCE muss im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden.

Eine SCE mit satzungsmäßigem Sitz in Luxemburg muss im dortigen RCS eingetragen werden. Das für Aktiengesellschaften maßgebende Recht findet hinsichtlich der Anforderungen in Sachen Veröffentlichung und Angaben entsprechend Anwendung.

Die SCE erlangt ihre Rechtspersönlichkeit am Tag ihrer Eintragung im RCS.

Eine Bedingung für die Zulässigkeit der Eintragung ist der soziale Teil hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer. Dieser Punkt muss geregelt sein, damit die SCE ordnungsgemäß gegründet werden kann.

Verfassen der Satzung

Das Verfassen einer Satzung ist Pflicht.

Die Gründungsmitglieder erstellen die Satzung der SCE gemäß den Rechtsvorschriften für die Gründung von Genossenschaften.

Die Satzung der SCE muss mindestens folgende Angaben enthalten:

  • die Firma der Genossenschaft mit dem voran- oder nachgestellten Zusatz „SCE“ sowie gegebenenfalls dem Zusatz „mit beschränkter Haftung“;
  • den Gegenstand der Genossenschaft;
  • die Namen der natürlichen Personen und die Firma der Gesellschaften, die Gründungsmitglieder der SCE sind, sowie bei letzteren Gesellschaftszweck und Sitz;
  • den satzungsmäßigen Sitz der SCE;
  • die Bedingungen und Modalitäten für die Aufnahme, den Ausschluss und den Austritt der Mitglieder;
  • die Rechte und Pflichten der Mitglieder und gegebenenfalls die verschiedenen Gattungen von Mitgliedern sowie die Rechte und Pflichten jeder Kategorie von Mitgliedern;
  • den Nennwert der Geschäftsanteile sowie das Grundkapital und die Angabe, dass dieses veränderlich ist;
  • die besonderen Vorschriften für den gegebenenfalls in die gesetzliche Rücklage einzustellenden Betrag der Entnahme aus den Überschüssen;
  • die Befugnisse und Zuständigkeiten der Mitglieder jedes Organs;
  • die Einzelheiten der Bestellung und der Abberufung der Mitglieder dieser Organe;
  • die Mehrheit- und Beschlussfähigkeitsregeln;
  • die Dauer des Bestehens der SCE, wenn diese begrenzt ist.

Mindestkapital

Das Mindestkapital der SCE beträgt 30.000 Euro.

In der Satzung wird ein Betrag festgelegt, den das Grundkapital bei Rückzahlung der Geschäftsguthaben aus der SCE ausscheidender Mitglieder nicht unterschreiten darf. Dieser Betrag darf 30.000 Euro nicht unterschreiten.

Das Kapital kann:

  • durch sukzessive Einzahlungen der Mitglieder oder durch den Beitritt neuer Mitglieder erhöht werden; und
  • durch die vollständige oder teilweise Rückzahlung des Geschäftsguthabens herabgesetzt werden, wobei das Kapital nicht weniger als 30.000 Euro betragen darf.

Änderungen des Grundkapitals erfordern weder eine Satzungsänderung noch eine Bekanntmachung.

Das Grundkapital der SCE besteht aus den auf Euro lautenden Geschäftsanteilen der Mitglieder. Es können mehrere Kategorien von Geschäftsanteilen ausgegeben werden.

Die Satzung kann festlegen, dass unterschiedliche Kategorien von Geschäftsanteilen mit unterschiedlichen Rechten bei der Verteilung des Ergebnisses verbunden sind. Anteile, die die gleichen Rechte gewähren, bilden eine Kategorie.

Die Geschäftsanteile lauten auf den Namen des Inhabers. Ihr in der Satzung festgelegter Nennwert ist innerhalb jeder Anteilskategorie gleich.

Verlegung des satzungsmäßigen Sitzes

Der satzungsmäßige Sitz der SCE muss im EWR liegen, und zwar in dem Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung der SCE befindet.

Befindet sich nur die Hauptverwaltung in Luxemburg, setzt der Staatsanwalt den Mitgliedstaat, in dem sich der satzungsmäßige Sitz der SCE befindet, umgehend davon in Kenntnis.

Die Verlegung des satzungsmäßigen Sitzes eines SCE muss in einer öffentlichen Urkunde festgehalten werden.

Der Verlegungsplan wird vom Verwaltungsrat oder vom Vorstand aufgestellt. Er wird in der Elektronischen Sammlung der Gesellschaften und Vereinigungen veröffentlicht. Dieser Plan:

  • enthält die bisherige Firma, den bisherigen satzungsmäßigen Sitz und die bisherige Registriernummer der SCE; und
  • umfasst:
    • den vorgesehenen neuen satzungsmäßigen Sitz der SCE;
    • die für die SCE vorgesehene Satzung sowie gegebenenfalls die neue Firma;
    • den vorgesehenen Zeitplan für die Verlegung;
    • die etwaigen Folgen der Verlegung für die Beteiligung der Arbeitnehmer;
    • etwaige Rechte zum Schutz der Mitglieder, der Gläubiger und der Inhaber anderer Rechte.

Der Verwaltungsrat bzw. der Vorstand erstellt einen Bericht, in dem Folgendes erläutert und dargelegt wird:

  • die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte der Verlegung; und
  • ihre Auswirkungen auf die Beschäftigung; und
  • die Auswirkungen der Verlegung für die Mitglieder, die Gläubiger, die Arbeitnehmer sowie die Inhaber anderer Rechte.

Der beurkundende Notar stellt eine Bescheinigung aus, aus der zweifelsfrei hervorgeht, dass die der Verlegung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten durchgeführt wurden.

Die Streichung aus dem RCS einer ehemaligen Eintragung infolge einer Verlegung des satzungsmäßigen Sitzes ins Ausland wird in der Elektronischen Sammlung der Gesellschaften und Vereinigungen veröffentlicht.

Im Falle einer Verlegung des satzungsmäßigen Sitzes einer SCE nach Luxemburg kann die Eintragung im RCS nur gegen Vorlage einer von der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem die SCE zuvor ihren Sitz hatte, ausgestellte Bescheinigung vorgenommen werden, aus der zweifelsfrei hervorgeht, dass die der Verlegung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten durchgeführt wurden.

Haftung

Die SCE wird durch die Handlungen der zu ihrer Vertretung befugten Organe gebunden, auch wenn diese den Gesellschaftszweck überschreiten, es sei denn, sie weist nach, dass der Dritte wusste, dass die Handlung diesen Gesellschaftszweck überschritt, oder dass ihm dies unter den gegebenen Umständen nicht unbekannt sein konnte, wobei die bloße Veröffentlichung der Satzung nicht als ein solcher Nachweis gilt.

Struktur

Die SCE verfügt entsprechend der in der Satzung gewählten Form über:

  • eine Generalversammlung, die einmal jährlich in den ersten 6 Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres zusammentritt; und
  • entweder ein Aufsichtsorgan und ein Leitungsorgan (dualistisches System) oder ein Verwaltungsorgan (monistisches System).

Genau wie die SA kann die SCE sich für eine der folgenden Verwaltungsstrukturen entscheiden:

  • monistisch: Ein Verwaltungsrat verwaltet die Genossenschaft. Er kann die tägliche Geschäftsführung einem oder mehreren Verwaltungsratsmitgliedern, Direktoren, Geschäftsführern oder sonstigen Beauftragten, bei denen es sich nicht um Mitglieder der Genossenschaft handeln muss, übertragen, die allein oder gemeinschaftlich handeln. Die Mindestzahl der Verwaltungsratsmitglieder liegt bei 3;
  • dualistisch:
    • Ein aus einer oder mehreren Personen bestehender Vorstand verwaltet die Genossenschaft. Es kann die tägliche Geschäftsführung einem oder mehreren Verwaltern, Direktoren, Geschäftsführern oder sonstigen Beauftragten übertragen; und
    • ein aus mindestens 3 Personen bestehender Aufsichtsrat überwacht diese Verwaltung.

Steuern

Die SCE unterliegt dem gleichen Steuersystem wie alle anderen multinationalen Gesellschaften und muss Steuern in den Ländern zahlen, in denen sie eine ständige Niederlassung hat.

Auflösung, Liquidation, Zahlungsunfähigkeit und Zahlungseinstellung

Eine SCE kann aufgelöst werden durch:

  • Beschluss der Generalversammlung, insbesondere, wenn das Kapital den Mindestbetrag unterschreitet;
  • Beschluss des Gerichts, wenn der satzungsmäßige Sitz beispielsweise in ein Land außerhalb des EWR verlegt wurde.

Im Falle einer Auflösung, Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungseinstellung gelten für die SCE die gleichen gesetzlichen Bestimmungen wie für die Genossenschaft.

Das in Handelssachen tagende Bezirksgericht kann auf Antrag des Staatsanwalts die Auflösung einer SCE mit satzungsmäßigem Sitz in Luxemburg, deren Hauptverwaltung sich jedoch nicht dort befindet, verkünden und deren Liquidation anordnen.

Umwandlung einer SCE in eine Genossenschaft

Der Umwandlungsplan wird vom Leitungsorgan erstellt. Er wird in der Elektronischen Sammlung der Gesellschaften und Vereinigungen veröffentlicht.

Die Generalversammlung der SCE beschließt die Umwandlung.

Pflichtangaben in den Dokumenten

Auf sämtlichen Urkunden, Rechnungen, Anzeigen, Publikationen, Briefen, Bestellscheinen und sonstigen Dokumenten der SCE muss Folgendes angegeben sein:

  • Firma;
  • Zusatz „Europäische Genossenschaft“, leserlich und ausgeschrieben, oder als Abkürzung „SCE“ unmittelbar vor oder nach der Firma;
  • genaue Angabe des Sitzes;
  • die Wörter „Registre de commerce et des sociétés, Luxembourg“ (Handels- und Firmenregister Luxemburg) oder die Initialen „R.C.S. Luxembourg“ gefolgt von der Eintragungsnummer.

Beteiligung der Arbeitnehmer

Die Bestimmungen zur Beteiligung der Arbeitnehmer (Information, Konsultation und Beteiligung) müssen in jeder SCE festgelegt werden.

Zuständige Kontaktstellen

House of Entrepreneurship

Handwerkskammer

Es werden 2 von 7 Stellen angezeigt

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