Beitreibung von Forderungen von bis zu 10.000 Euro
Im Rahmen der Eindämmung der Ausbreitung von COVID-19 hat die Regierung beschlossen, die Fristen in gerichtlichen Angelegenheiten auszusetzen und bestimmte andere verfahrensrechtliche Modalitäten anzupassen.
Zahlungsausfälle stellen ein hohes Risiko für jedes Unternehmen dar.
Ein Unternehmen kann vorbeugende Mechanismen einrichten, um Zahlungsausfälle zu verhindern bzw. ihre Auswirkungen einzugrenzen.
Weigert sich ein Schuldner, seine Schulden zu begleichen, kann ein Gläubiger zwecks Erhalts dessen, was ihm zusteht, auf Folgendes zurückgreifen:
- außergerichtliche Verfahren (gütliche Beitreibung);
- gerichtliche Verfahren.
Falls eine gütliche Beitreibung nicht den gewünschten Erfolg bringt, kann der Gläubiger ein gerichtliches Verfahren einleiten. Diese richten sich nach dem Streitwert und der Komplexität der Angelegenheit.
Für die Beitreibung von Forderungen von bis zu 10.000 Euro ist die Friedensgerichtsbarkeit von Diekirch, Esch-sur-Alzette oder Luxemburg (je nach Wohnsitz des Schuldners) zuständig.
2 Verfahren sind möglich:
- Mahnbescheid (Schnellverfahren);
- Vorladung vor Gericht (Verfahren in der Hauptsache).
Zielgruppe
Jeder Gläubiger (natürliche oder juristische Person), der eine berechtigte Forderung (z. B.: eine unbezahlte Rechnung) gegenüber einer Person oder einem Unternehmen (Schuldner) besitzt, kann gegen diese(s) ein Beitreibungsverfahren einleiten.
Voraussetzungen
Vor der Einleitung eines Verfahrens zur Forderungsbeitreibung muss der Gläubiger sich vergewissern, dass der Schuldner sich nicht in Insolvenz befindet. In diesem Fall muss der Gläubiger bei der Geschäftsstelle des zuständigen Bezirksgerichts (abhängig vom Gesellschaftssitz des Schuldners) eine Forderungsanmeldung einreichen.
Im Vorfeld zu erledigende Schritte
Inverzugsetzung
Falls der Schuldner sich nach mehreren Mahnungen und Zahlungserinnerungen seitens des Gläubigers (Besuche, Anrufe, Schreiben, Erinnerungsschreiben) nach wie vor weigert, seine Schulden zu begleichen, kann der Gläubiger ihm vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens eine Inverzugsetzung zukommen lassen.
Der Gläubiger kann:
- die Inverzugsetzung entweder durch Zustellung einer Zahlungsaufforderung durch einen Gerichtsvollzieher
- oder durch die Zusendung eines Einschreibens mit Rückschein unmittelbar an den Schuldner vornehmen.
Im Falle einer durch eine Bürgschaft gesicherten Forderung muss die Inverzugsetzung auch an die (natürliche oder juristische) Person, die die Bürgschaft stellt, übermittelt werden.
Die Inverzugsetzung muss folgende Angaben enthalten:
- eine förmliche Aufforderung an den Schuldner, seine Pflichten zu erfüllen;
- das vom Gläubiger vorgesehene gesetzliche Verfahren, wenn der Aufforderung nicht Folge geleistet wird;
- die genaue Höhe der Verbindlichkeiten des Schuldners;
- eine letzte Fristsetzung für den Schuldner zur Erfüllung seiner Pflichten (empfohlene Klausel).
Falls die Inverzugsetzung ohne Wirkung bleibt, muss der Gläubiger ein gerichtliches Verfahren zur Beitreibung seiner Forderungen einleiten.
Zahlungsfristen
Geschäfte zwischen Gewerbetreibenden oder mit einer öffentlichen Behörde
Ist der Schuldner in Zahlungsverzug, werden Zinsen geschuldet:
- ab dem Tag nach dem Fälligkeitsdatum oder dem Ende der vertraglich vereinbarten Zahlungsfrist;
- ist im Vertrag kein Datum angegeben, 30 Tage nach dem Datum:
- des Erhalts der Rechnung oder
- des Erhalts der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung, wenn:
- das Datum der Rechnung ungewiss ist oder
- der Schuldner die Rechnung vor der Ware/Dienstleistung erhält oder
- der Annahme oder Überprüfung der Konformität der Ware/Dienstleistung, wenn:
- diese Vorgehensweise per Vertrag oder Gesetz vorgesehen ist;
- der Schuldner die Rechnung vor dem oder am Tag der Annahme/Überprüfung erhält.
Die Vertragsparteien haben die Möglichkeit, andere Zahlungsmodalitäten zu vereinbaren.
Rechtswidrige Vertragsklauseln können vom Gericht für ungültig erklärt werden.
Geschäfte zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern
Ein Verbraucher gilt ab dem 3. Monat nach folgendem Datum in Zahlungsverzug:
- dem Datum des Erhalts der Ware oder
- dem Datum der Fertigstellung der Arbeiten oder der Dienstleistung.
Verzugszinsen
Im Rahmen von Geschäften zwischen Gewerbetreibenden oder mit öffentlichen Behörden kann der Gläubiger bei Zahlungsverzügen Folgendes verlangen:
- Verzugszinsen;
- einen Pauschalbetrag von 40 Euro;
- angemessene Beitreibungskosten, wie z. B. Anwaltskosten;
- eine angemessene Entschädigung für alle weiteren über diesen Betrag hinausgehenden Beitreibungskosten.
Im Rahmen von Geschäften mit einem Verbraucher gilt Folgendes für die Verzugszinsen:
- sie sind fällig ab dem 3. Monat nach dem Datum:
- des Erhalts der Ware oder
- der Fertigstellung der Arbeiten oder der Dienstleistung;
- sie können nur verlangt werden, wenn:
- eine Rechnung erstellt wurde, dies binnen eines Monats:
- nach dem Erhalt der Ware durch den Kunden oder
- nach der Fertigstellung der Arbeiten oder der Dienstleistung;
- der Gewerbetreibende in der Rechnung ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass er die gesetzlichen Verzugszinsen geltend machen wird.
- eine Rechnung erstellt wurde, dies binnen eines Monats:
Der gesetzliche Zinssatz der Verzugszinsen wird jährlich durch eine großherzogliche Verordnung festgesetzt.
Kosten
Die Verfahrenskosten für die Vorladung vor Gericht bestehen in der Regel in der Vergütung des Gerichtsvollziehers und gegebenenfalls den Anwaltshonoraren.
Die durch großherzogliche Verordnung festgesetzten Kosten und Gebühren für die Gerichtsvollzieher setzen sich wie folgt zusammen:
- feste Gebühr;
- Fahrtkosten;
- bei zusätzlicher Hinzuziehung des Gerichtsvollziehers: Stundensatz;
- prozentualer Anteil von 0,5 % bis 3 % des beigetriebenen Betrages.
Vorgehensweise und Details
Bei Forderungen von bis zu 10.000 Euro kann der Gläubiger:
- einen bedingten Zahlungsbefehl erwirken, wenn:
- der Grund der Forderung vertraglicher Art ist;
- die Höhe der Forderung deutlich aus dem Vertrag hervorgeht oder
- eine Vorladung vor Gericht zustellen lassen, dies im Rahmen:
- von komplexeren Angelegenheiten (z. B.: wenn die Höhe der Forderung nicht mit Sicherheit beziffert werden kann) oder ;
- einer Bestreitung der Forderung.
Die Höhe der in Betracht zu ziehenden Forderung schließt die bis zum Tag des Antrags fälligen und geschuldeten Zinsen ein.
Bei mehreren Anträgen desselben Gläubigers gegen denselben Schuldner können die Anträge, die dieselbe Angelegenheit betreffen, für die Bestimmung des Betrags und demnach des zuständigen Gerichts zusammengefasst werden.
Bei solchen Verfahren besteht kein Anwaltserfordernis.
Die Parteien müssen persönlich erscheinen oder sich von folgenden Personen beistehen und/oder vertreten lassen:
- einem Anwalt;
- ihrem Ehepartner oder eingetragenen Lebenspartner;
- ihren Verwandten oder Verschwägerten in gerader Linie (Eltern, Großeltern, Urgroßeltern, Kinder, Enkel, Urenkel usw.);
- ihren Verwandten oder Verschwägerten in Seitenlinie bis einschließlich 3. Grades (Bruder, Schwester, Onkel, Tante, Neffe, Nichte, Schwager, Schwägerin usw.);
- ausschließlich im Dienste ihrer Person oder ihres Unternehmens stehenden Personen.
Der Vertreter, mit Ausnahme des Rechtsanwalts, muss den Nachweis einer (schriftlichen) Sondervollmacht erbringen.
Mahnbescheid
Antragstellung in Sachen Mahnbescheid
Der Gläubiger richtet einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids an die für den Gesellschafts- oder Wohnsitz des Schuldners zuständige Friedensgerichtsbarkeit (Esch-sur-Alzette, Luxemburg oder Diekirch).
Belege
Dem Antrag sind Unterlagen (in einfacher Ausfertigung), die das Vorliegen und die Höhe der Forderung und deren Begründetheit zu beweisen vermögen, beizufügen (z. B.: Bestellschein, Rechnung, Zahlungserinnerung, Abrechnung usw.).
Beschluss des Gerichts
Der Friedensrichter kann:
- den Antrag zurückweisen, wenn er diesen für unbegründet hält. In diesem Fall erlässt er einen ablehnenden Bescheid, gegen den keine Rechtsmittel eingelegt werden können. Danach steht es dem Gläubiger frei, den Schuldner vorladen zu lassen;
- den Schuldner durch einen bedingten Mahnbescheid auffordern, den geforderten Betrag zu zahlen, falls er den Antrag für begründet erachtet. Die Geschäftsstelle des Gerichts lässt dem Schuldner den bedingten Mahnbescheid per Post zukommen und übermittelt dem Gläubiger eine Kopie. Durch diese Zustellung:
- wird die Verjährungsfrist unterbrochen;
- laufen die Zinsen zulasten des Schuldners.
Innerhalb von 15 Tagen nach Zustellung des bedingten Mahnbescheids kann der Schuldner:
- entweder dem Gläubiger den geforderten Betrag zahlen, womit der Rechtsstreit beendet ist;
- oder Widerspruch einlegen, wenn er der Ansicht ist, dass der Betrag oder ein Teil davon nicht geschuldet wird.
Widerspruch des Schuldners
Mitteilung an die Geschäftsstelle des Gerichts
Der Schuldner kann durch einfache schriftliche oder mündliche Mitteilung bei der Geschäftsstelle der Friedensgerichtsbarkeit, die den bedingten Mahnbescheid erlassen hat, Widerspruch erheben. Dabei muss er seine Argumente zur Beanstandung des geforderten Betrags angeben.
In diesem Fall können sowohl der Gläubiger als auch der Schuldner eine Vorladung der Parteien in eine öffentliche Sitzung beantragen, um dort über die Begründetheit der Forderung zu verhandeln.
Erscheinen der Parteien vor Gericht
Die Geschäftsstelle lädt die Parteien auf Antrag einer der Parteien vor.
Das Verfahren vor dem Friedensrichter ist ein ausschließlich mündliches Verfahren. Die Parteien müssen demnach persönlich erscheinen oder sich vertreten lassen, um ihre Argumente geltend zu machen. Direkt an das Gericht geschickte schriftliche Anmerkungen werden nicht berücksichtigt.
Bleibt der Schuldner säumig, kann der Gläubiger ein Urteil verlangen.
Bleibt der Gläubiger säumig, kann der Schuldner ein Urteil über die Begründetheit der Forderung verlangen, es sei denn, der Richter vertagt die Sache auf eine spätere Sitzung.
Bleiben beide Parteien säumig, kann der Richter die Sache von Amts wegen durch einen Beschluss, gegen den kein Widerspruch eingelegt werden kann, aufheben. Zuvor muss er den Parteien (oder ihren Bevollmächtigten) eine letzte Anhörungsmitteilung zukommen lassen.
Verkündung des Urteils
Am Tag der Urteilsverkündung erlässt der Richter ein begründetes Urteil. Ist/wird der Widerspruch:
- begründet, wird der bedingte Mahnbescheid aufgehoben;
- teilweise begründet, verkündet der Friedensrichter die Verurteilung des Schuldners zur Zahlung des für begründet erklärten Teils der Forderung;
- abgelehnt, verkündet der Friedensrichter die Verurteilung des Schuldners.
Im Falle einer Verurteilung dient das erlassene Urteil als Titel zur Vollstreckung der Verurteilung des Schuldners.
Vollstreckungsbescheid
Wenn der Schuldner weder zahlt, noch Widerspruch erhebt, hat der Gläubiger 6 Monate ab Zustellung des bedingten Mahnbescheids an den Schuldner Zeit, um die Vollstreckung des Mahnbescheids zu beantragen.
Dieser Antrag erfolgt durch einfache schriftliche oder mündliche Erklärung bei der Geschäftsstelle der Friedensgerichtsbarkeit, die den bedingten Mahnbescheid erlassen hat.
Nach Ablauf dieser 6-monatigen Frist gilt der Mahnbescheid als nicht erlassen, was bedeutet, dass der Gläubiger das Verfahren von vorne beginnen muss, wenn er beabsichtigt, erneut gegen den Schuldner vorzugehen.
Der Vollstreckungsbescheid des Friedensrichters hat die Wirkung eines Säumnisurteils und berechtigt zur Eintragung einer gerichtlichen Hypothek.
Vorladung vor Gericht
Ladungsschrift
Bei Forderungsbeitreibungen ist dieses Verfahren bei komplexeren Angelegenheiten angezeigt, wie z. B. wenn die Leistungen, über die das Gericht entscheiden soll, bestritten werden.
Der Gläubiger übermittelt seinen Antrag an einen Gerichtsvollzieher, der dem Schuldner die Ladungsschrift zustellt. Die Ladungsfrist beträgt im Falle des Friedensgerichts 8 Tage.
Am Verhandlungstag hört das Friedensgericht die Parteien an, bevor es:
- den Schuldner zur Zahlung der Forderung verurteilt oder;
- den Antrag des Gläubigers abweist, wenn es diesen für unbegründet hält.
Falls eine der Parteien dem ergangenen Urteil nicht zustimmt, kann sie innerhalb einer Frist von 40 Tagen ab der Zustellung des Urteils Berufung einlegen.
Formulare/Online-Dienste
Modèle de mise en demeure
Modèle de mise en demeure - recouvrement de créance
Requête en matière d'ordonnance de paiement
Zuständige Kontaktstellen
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Friedensgerichtsbarkeit Diekirch8-10, Place Joseph Bech
L-9211 Diekirch
Luxemburg
Tel. : (+352) 80 88 53-1Fax : (+352) 80 41 90
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Friedensgerichtsbarkeit Esch-sur-AlzettePlace Norbert Metz
L-4239 Esch-sur-Alzette
Luxemburg
Postanschrift :
L-4006
Tel. : (+352) 530 529Fax : (+352) 530 529 304
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Friedensgerichtsbarkeit LuxemburgCité judiciaire - Plateau du Saint-Esprit - Gebäude JP
L-2080 Luxemburg
Luxemburg
Tel. : (+352) 47 59 81-1Fax : (+352) 46 54 34