Einen Rechtsbehelf vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit einlegen

Zum letzten Mal aktualisiert am

Alle Verwaltungsakte können von den Bürgern angefochten werden: Baugenehmigung, Steuerbescheid, Führerscheinentzug, Ablehnung einer Aufenthaltsgenehmigung usw. Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit Luxemburgs entscheiden in Streitsachen zwischen Privatpersonen und öffentlichen Stellen (dazu zählen der Staat, die Gemeinden sowie staatliche Unternehmen und öffentlich-rechtliche Anstalten).

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit setzt sich aus dem Verwaltungsgerichtshof und dem Verwaltungsgericht zusammen. Die Mitglieder der Verwaltungsgerichtsbarkeit sind ausschließlich unabhängige und nicht abberufbare Berufsrichter.

Betroffene Personen

In der Regel kann jede natürliche oder juristische Person, die direkt von einem verwaltungsrechtlichen Beschluss betroffen ist, einen Rechtsbehelf einlegen.

Voraussetzungen

Vertretung durch einen Anwalt

Vor dem Verwaltungsgericht (Tribunal administratif) muss zwingend auf die Dienste eines Anwalts (avocat à la Cour) zurückgegriffen werden. Das Gesetz sieht jedoch Ausnahmen von dieser Regelung vor, vor allem bei Steuerangelegenheiten (direkten Steuern) oder kommunalen Bußgeldern.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof (Cour administrative) ist die Vertretung durch einen Anwalt (avocat à la Cour) immer Pflicht.

Zuständigkeit

Das Verwaltungsgericht ist in 1. Instanz für folgende Entscheidungen zuständig:

  • bei Einlegung von Rechtsbehelfen gegen verwaltungsrechtliche Einzelentscheidungen, die von staatlichen oder kommunalen Behörden bzw. von bestimmten anderen juristischen Personen öffentlichen Rechts getroffen wurden;
  • bei der direkten Einlegung von Rechtsbehelfen gegen Verwaltungsakte mit Verordnungscharakter.

Der Vorsitzende des Verwaltungsgerichts ist zuständig, um über Anträge auf Anordnung vorläufiger Maßnahmen im Rahmen der Einlegung von Rechtsbehelfen vor dem Verwaltungsgericht zu erkennen (référé administratif).

Der Verwaltungsgerichtshof ist in 2. Instanz als Berufungsgericht zuständig, um über eine Berufung zu befinden, die gegen Urteile des Verwaltungsgerichts eingelegt wird, ausgenommen bestimmte Entscheidungen im Bereich des internationalen Schutzes. Dagegen ist ein Berufungsverfahren gegen einstweilige Anordnungen des Vorsitzenden des Verwaltungsgerichts nicht möglich.

Der Verwaltungsgerichtshof ist keine Revisionsinstanz, sondern zuständig, um erneut über den gesamten Rechtsstreit zu erkennen.

Voraussetzungen für einen Rechtsbehelf vor dem Verwaltungsgericht

Das Gericht kann vom Empfänger des beschwerenden Verwaltungsakts sowie von jeder klagebefugten Drittperson, das heißt jeder Person, die sich als persönlich von einem Verwaltungsakt betroffen betrachtet, angerufen werden (sogenannte Sammelklagen oder Popularklagen sind nicht zulässig).

Voraussetzungen für die Einreichung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

Der Vorsitzende des Verwaltungsgerichts kann die Vollstreckung eines verwaltungsrechtlichen Beschlusses aussetzen (référé-suspension), wenn 2 Bedingungen erfüllt sind:

  • die Gefahr eines schwerwiegenden und endgültigen Schadens;
  • das Vorliegen eines ernsthaften Zweifels an der Rechtmäßigkeit des besagten Verwaltungsakts.

Fristen

Einreichung des Antrags vor dem Verwaltungsgericht

Die Frist, um einen Beschluss einer Behörde anzufechten, beträgt in der Regel – sofern nichts Gegenteiliges von einem Text vorgesehen ist – 3 Monate ab dem Zeitpunkt, an dem der verwaltungsrechtliche Beschluss dem Betroffenen zur Kenntnis gebracht wurde oder dieser über seine Rechtsbehelfe belehrt wurde, vorbehaltlich anderslautender gesetzlicher Bestimmungen.

Diese Frist wird berechnet:

  • entweder ab der Zustellung des beanstandeten Verwaltungsakts (Erhalt per Post oder Aushändigung);
  • oder ab dessen Veröffentlichung (im Amtsblatt) oder Aushang (beispielsweise an einem Brett des Rathauses), wenn es sich um einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter oder einen Individualakt handelt, dessen Begünstigter eine Drittperson ist.

Berufung vor dem Verwaltungsgerichtshof

Im Allgemeinen und unbeschadet bestimmter Bedingungen kann binnen 40 Tagen Berufung eingelegt werden.

Vorbehaltlich anderslautender gesetzlicher Bestimmungen hat der Berufungsbeklagte einen Monat ab Zustellung des Berufungsantrags Zeit, um seine Berufungserwiderung zu hinterlegen, wonach der Berufungskläger und der Berufungsbeklagte wiederum einen Monat Zeit für ihre Replik bzw. Duplik haben, sodass der Entscheid des Verwaltungsgerichtshofs in der Regel binnen 5 Monaten ab dem erstinstanzlichen Urteil ergeht.

Kosten

Der Zugang zur Justiz ist in der Regel kostenlos.

Die Einreichung eines Antrags vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit kann jedoch gewisse Kosten nach sich ziehen:

  • die Auslagen: Dabei handelt es sich um die Kosten, die durch die Durchführung etwaiger zur Ermittlung erforderlicher Maßnahmen entstehen (zum Beispiel Honorare eines Sachverständigen);
  • die Anwaltshonorare.

Die unterlegene Partei wird zu den Gerichtskosten verurteilt, die jedoch nur einen geringen Teil der tatsächlichen Kosten darstellen, da jede Partei – unabhängig vom Ausgang des Verfahrens – ihre eigenen Anwaltskosten tragen muss. In einigen Fällen kann der Verwaltungsrichter auf Antrag eine Verfahrensentschädigung bewilligen.

Ist eine Partei bedürftig, kann sie Prozesskostenhilfe beantragen, sodass der Staat die Anwaltskosten zum Teil oder vollständig übernimmt. Der Vorsitzende der für den Wohnsitz der antragstellenden Person zuständigen Anwaltskammer oder dessen Stellvertreter entscheidet, ob Prozesskostenhilfe bewilligt wird oder nicht. In Ermangelung eines Wohnsitzes in Luxemburg ist der Vorsitzende der Anwaltskammer von Luxemburg oder dessen Stellvertreter zuständig.

Vorgehensweise und Details

Einreichung des Antrags

Vor dem Verwaltungsgericht

Der Antrag kann direkt bei der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts hinterlegt oder per Post versandt werden, vorzugsweise mit Empfangsbestätigung, um die Einreichung nachverfolgen zu können.

Das Gerichtsverfahren ist schriftlich. Der Kläger muss sich zwingend von einem Anwalt vertreten lassen, außer bei Steuerangelegenheiten in 1. Instanz. Der Kläger legt den Sachverhalt und seine Forderungen in einem formlosen Antrag dar:

  • dem er die von ihm für zweckdienlich erachteten Belege und auf jeden Fall den angefochtenen Beschluss, sofern dieser in Schriftform existiert, beifügt; und
  • den er bei der Geschäftsstelle des Gerichts hinterlegt.

Handelt es sich bei dem Beklagten nicht um den Staat, muss die Klageschrift dem Beklagten durch einen Gerichtsvollzieher zugestellt werden.

Hinterlegung der Schriftsätze

Im Allgemeinen sind im Rahmen der Rechtsbehelfe vor dem Verwaltungsgericht (außer im Verfahren wegen einstweiliger Anordnungen) die Fristen für die Hinterlegung der einzelnen Schriftsätze per Gesetz festgelegt. Der Beklagte hat 3 Monate ab der Zustellung der Klageschrift Zeit, um seine Klageerwiderung zu hinterlegen. Anschließend verfügt der Kläger über einen Monat, um seine Replik zu hinterlegen, und der Beklagte wiederum über einen Monat für seine Duplik. Die Hinterlegung zusätzlicher Schriftsätze ist in der Regel nicht gestattet.

Sitzung und Urteil des Verwaltungsgerichts

Das Gericht beraumt anschließend eine Sitzung für die mündliche Verhandlung an, dies in der Regel innerhalb eines Monats nach Hinterlegung der Duplik, und das Urteil wird frühestens einen Monat nach dem Zeitpunkt erlassen, an dem die Sache zur Beratung gestellt wurde. Ordnet das Gericht Ermittlungsmaßnahmen (Ortsbesichtigungen, Ermittlungen, Gutachten usw.) an, werden die Fristen entsprechend verlängert, und die Parteien dürfen nach Durchführung der Ermittlungsmaßnahme zusätzliche Schriftsätze hinterlegen.

Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor dem Vorsitzenden des Verwaltungsgerichts

Die Anordnung einer vorläufigen Maßnahme muss anhand eines schriftlichen Antrags beantragt werden, der bei der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts zu hinterlegen ist.

Hinweis:

Seit dem 24. April 2023 wird bei der Verwaltungsgerichtsbarkeit eine gesicherte elektronische Austauschplattform (über MyGuichet.lu unter Verwendung eines LuxTrust-Produkts) erprobt (siehe „Formulare/Online-Dienste“).

Da dieser Dienst noch in der Pilotphase steckt, ist er derzeit den Verfahren wegen einstweiliger Anordnungen (Artikel 11 und 12 des geänderten Gesetzes vom 21. Juni 1999 über die Verfahrensordnung vor der Verwaltungsgerichtsbarkeit) betreffend verwaltungsrechtliche Beschlüsse des Staates vorbehalten und somit nur für Anwälte (avocat à la Cour) zugänglich.

Der Vorsitzende des Verwaltungsgerichts hat am 17. April 2023 ein diesbezügliches Rundschreiben (Französisch, Pdf, 662 KB) verfasst.

Die Anwälte können ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und die entsprechenden Belege freiwillig und parallel zur Hinterlegung in Papierform, die derzeit die einzige zulässige Form der Hinterlegung darstellt, elektronisch über MyGuichet.lu einreichen.

Die Verwendung dieses MyGuichet.lu-Assistenten setzt die vorherige Zertifizierung der elektronischen beruflichen Bereiche der Anwälte, die für die Anmeldung auf dieser Plattform benötigt werden, durch die zuständige Anwaltskammer voraus.

Einreichung des Antrags über den auf MyGuichet.lu verfügbaren Online-Assistenten

Die Einreichung des Antrags erfolgt in einem zertifizierten beruflichen Bereich auf MyGuichet.lu und erfordert ein LuxTrust-Produkt (zum Beispiel: Token, SmartCard oder Signing Stick) oder einen elektronischen Personalausweis (eID). Der Vorgang ist ebenfalls in der App verfügbar.

Wie richte ich einen beruflichen Bereich auf MyGuichet.lu ein?

Folgende 2 Fälle sind zu unterscheiden:

  1. Sie sind ein neuer MyGuichet.lu-Benutzer. Sie müssen:
    • sich zunächst auf MyGuichet.lu registrieren; und
    • anschließend einen beruflichen Bereich erstellen.
  2. Sie verfügen bereits über einen privaten Bereich. Sie müssen sich nicht erneut registrieren, sondern können direkt einen beruflichen Bereich einrichten.

Weitere Informationen und Tutorials zum beruflichen Bereich finden Sie auf unserer entsprechenden Hilfeseite.

Das weitere Verfahren ist in der Regel mündlich, da die Sache kurzfristig für die mündliche Verhandlung anberaumt wird und der Beklagte in der Regel mündlich Stellung zur Klage beziehen muss. Der Vorsitzende oder der ihn vertretende Richter erlässt hingegen eine schriftliche und begründete Anordnung.

Berufung vor dem Verwaltungsgerichtshof

Ein Antrag, um Berufung einzulegen, muss auf jeden Fall von einem Anwalt (avocat à la Cour) unterzeichnet sein.

Vollstreckungsaufschub – Sicherungsmaßnahme

Das vom Verwaltungsgericht erlassene Urteil hat keine aufschiebende Wirkung, außer das Gericht hat anderweitig entschieden.

Da ein gerichtlicher Rechtsbehelf – bis auf einige Ausnahmen – keine aufschiebende Wirkung hat, hat der Kläger die Möglichkeit, Folgendes beim Vorsitzenden des Verwaltungsgerichts zu beantragen:

  • einen Vollstreckungsaufschub betreffend den angefochtenen Beschluss; oder
  • eine Sicherungsmaßnahme.

Der Vorsitzende trifft keine Entscheidung zur Hauptsache (er verkündet beispielsweise nicht die Aufhebung des Beschlusses), sondern ordnet gegebenenfalls vorläufige und kurzfristige Maßnahmen an, um die Rechte und Freiheiten der Rechtssuchenden zu sichern. Er verkündet seine Entscheidungen durch Anordnungen.

Rechtsbehelfe gegen die Beschlüsse der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit

Gegen die vom Vorsitzenden des Gerichts erlassenen Anordnungen kann keine Berufung eingelegt werden. Sie sind hingegen nur wirksam, bis das Urteil zur Hauptsache verkündet wird.

Die Einlegung einer Revision, wie im Straf- und Zivilrecht, gegen Entscheide des Verwaltungsgerichtshofs ist nicht zulässig.

Online-Dienste und Formulare

Zuständige Kontaktstellen

Verwaltungsgerichtshof

Verwaltungsgericht

Verwandte Vorgänge und Links

Vorgänge

Links

Weitere Informationen

Rechtsgrundlagen

Loi modifiée du 21 juin 1999

portant règlement de procédure devant les juridictions administratives

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