Einen Antrag auf angemessene Vorkehrungen für Schüler mit Behinderungen stellen

Angemessene Vorkehrungen sind konkrete Maßnahmen, die einem Schüler mit besonderem Förderbedarf bewilligt werden können, um durch eine Behinderung bedingte Hindernisse zu reduzieren.
Ziel dieser Vorkehrungen ist es, den durch diese Behinderung bestehenden Nachteil auszugleichen und nicht etwa, dem betreffenden Schüler einen Vorteil gegenüber den anderen Schülern zu verschaffen.

Die angemessenen Vorkehrungen müssen an die Schwere der Behinderung des betreffenden Schülers angepasst sein. Jeder Antrag ist Gegenstand einer individuellen Beurteilung, um die passende Lösung für das jeweilige Problem zu finden.

Zielgruppe

Die angemessenen Vorkehrungen betreffen Schüler mit besonderem Förderbedarf, die:

  • Folgendes besuchen:
    • den klassischen Sekundarunterricht (enseignement secondaire classique - ESC); oder
    • den allgemeinen Sekundarunterricht (enseignement secondaire général - ESG); oder
    • den Unterricht nach dem internationalen Lehrplan; oder
    • die Erwachsenenbildung;
  • eine spezielle Behinderung oder ein spezielles Unvermögen aufweisen, durch welche sie bei Prüfungen daran gehindert werden, ihre erworbenen Kompetenzen richtig unter Beweis zu stellen.

Diese Schüler sind fähig, dem normalen Schulprogramm zu folgen, stoßen aber aufgrund einer Behinderung oder einer Krankheit unter normalen Prüfungsbedingungen auf Hindernisse.

Es kann sich dabei um Folgendes handeln:

  • eine visuelle, motorische, auditive oder organische Beeinträchtigung;
  • eine spezifische Sprachstörung;
  • eine autistische Störung;
  • eine Lernstörung oder eine Hochbegabung;
  • eine chronische oder langwierige Krankheit.

Die daraus resultierenden Hindernisse müssen durch die vorgesehenen Vorkehrungen beseitigt werden können.

Vorgehensweise und Details

Antragstellung

Der Antrag auf angemessene Vorkehrungen kann von folgenden Personen an den Schulleiter gerichtet werden:

  • von den Eltern, im Falle eines minderjährigen Schülers; oder
  • vom Schüler selbst, im Falle eines volljährigen Schülers; oder
  • vom Klassenlehrer; oder
  • von einem Mitarbeiter des Diensts für schulpsychologische Beratung und Schulorientierung (Service psycho-social et d'accompagnement scolaires - SePAS); oder
  • von einem Mitglied des Unterstützungsteams für Schüler mit besonderem Förderbedarf (équipe de soutien des élèves à besoins éducatifs particuliers ou spécifiques - ESEB); oder
  • von einem Mitglied der Kommission für angemessene Vorkehrungen (commission des aménagements raisonnables); oder
  • von einem Mitglied der Kommission für schulische Inklusion (commission d’inclusion scolaire).

Bezugsperson

Nach Eingang des Antrags auf angemessene Vorkehrungen ernennt der Schulleiter für die Betreuung des Schülers mit besonderem Förderbedarf eine Bezugsperson, die:

Während des gesamten Verfahrens ist diese Person der Ansprechpartner des Schülers und seiner Eltern.

Die Bezugsperson:

  • setzt sich mit den Eltern und dem betreffenden Schüler in Verbindung;
  • ersucht um ihr schriftliches Einverständnis für die Erfassung und Übertragung der Daten des Schülers;
  • unterrichtet sie über die geplante Vorgehensweise und die im Interesse des Schülers beschlossenen Maßnahmen.

Arten von angemessenen Vorkehrungen

Die Vorkehrungen können Folgendes betreffen:

  • den Unterricht in der Klasse;
  • die Aufgaben des Schülers während oder außerhalb des Unterrichts;
  • die Klassenarbeiten;
  • die Abschlussprüfungen und die integrierten Projekte.

Auf Vorschlag der Bezugsperson kann der Schulleiter die folgenden angemessenen Vorkehrungen beschließen oder erforderlichenfalls anpassen oder aussetzen:

  • das Klassenzimmer und/oder den Platz des Schülers in dieser Klasse betreffende Vorkehrungen;
  • gesonderter Prüfungsraum;
  • angemessene Darstellung der Fragen (Beispiel: Brailleschrift, vergrößerte Schrift).

Auf Vorschlag der Bezugsperson kann die Klassenkonferenz die folgenden angemessenen Vorkehrungen beschließen oder erforderlichenfalls anpassen oder aussetzen:

  • Freistellung von einem Teil der vorgeschriebenen Prüfungen für ein Trimester oder Semester;
  • Ersetzen eines Teils der vorgesehenen Prüfungen durch eine einzige Prüfung am Trimester- oder Semesterende;
  • Berücksichtigung der Noten von nur einem oder 2 Trimestern beziehungsweise einem Semester für die Berechnung der Jahresnote.

Zusätzlich zu den oben beschriebenen Vorkehrungen kann die Kommission für angemessene Vorkehrungen die folgenden angemessenen Vorkehrungen beschließen oder gegebenenfalls anpassen oder aussetzen:

  • mehr Zeit für die Prüfungen und integrierten Projekte;
  • zusätzliche Pausen während der Prüfungen;
  • Aufteilung der Abschlussprüfungen auf 2 Prüfungstermine;
  • Ablegen der Prüfungen an einem anderen Ort als in der Schule, das heißt zu Hause oder in einer Einrichtung (Beispiel: Krankenhaus);
  • Rückgriff auf technische und personelle Hilfsmittel (Beispiel: Unterstützung bei praktischen Arbeiten, Gebärdensprachdolmetscher), durch welche die jeweiligen Behinderungen ausgeglichen werden können;
  • Verwendung einer Rechtschreibprüfung;
  • Benutzung einer nicht vom Lehrplan des allgemeinen Sekundarunterrichts (ESG) vorgesehenen Verkehrssprache – Deutsch oder Französisch – für die Fragen und/oder die Beantwortung dieser Fragen;
  • Freistellung von den mündlichen, praktischen, sportlichen Prüfungen oder von den Prüfungen eines Moduls (Beispiel: Freistellung im Sport für körperlich beeinträchtigte Schüler, Freistellung in Musik für hörbehinderte Schüler);
  • zeitweiliger Besuch einer anderen Klasse als der Regelklasse zwecks Aneignung bestimmter oder aller Lernstoffe;
  • medizinische Untersuchung vor dem Zugang zu bestimmten Ausbildungen;
  • Weiterleitung der Akte an die Nationale Kommission für Inklusion (Commission nationale d'inclusion - CNI);
  • Ersatz eines Teils der Fragen:
    • der Klassenarbeiten;
    • der Abschlussprüfungen;
    • des integrierten Projekts;

durch Fragen, die der jeweiligen Behinderung oder dem jeweiligen Unvermögen des Schülers Rechnung tragen.

Zusammenstellung und Verwaltung der Akte

Nach Einreichung des Antrags geht die Bezugsperson wie folgt vor:

  • sie legt eine neue Akte an; oder
  • wenn eine Akte von den Grundschulinstanzen an den SePAS übermittelt wird, vervollständigt sie diese.

Die Akte muss folgende Berichte beinhalten:

  • Gutachten über die Fähigkeiten und die Behinderung oder das Unvermögen des Schülers; und
  • Berichte über den Austausch mit den Eltern des Schülers; und
  • Berichte der Dienststellen, die den Schüler in der Vergangenheit betreut haben.

Wenn die Kommission für angemessene Vorkehrungen angerufen wird, kann deren Vorsitzender zusätzlich die Aufnahme folgender Unterlagen beantragen:

  • vom Klassenlehrer erstellter schulischer Bericht;
  • von einem Psychologen des SePAS oder des ESEB erstellter psychologischer Bericht.

Die Eltern oder der Schüler werden zu einem Vorgespräch mit den Mitgliedern der Kommission eingeladen.

Sämtliche für die Betreuung des Schülers zweckdienliche Informationen können in die Akte aufgenommen werden.

Solange der Schüler den Sekundarunterricht besucht, verwaltet die Bezugsperson die Akte und sorgt für deren vertrauliche Behandlung. Die Eltern und der Schüler haben Zugang zu der Akte und den darin enthaltenen Informationen.

Bei einem Schulwechsel wird die Akte an die neue Bezugsperson übermittelt.

Am Ende der Schulzeit wird sie den Eltern oder dem Schüler ausgehändigt.

Überprüfung der Akte

Auf Empfehlung der Bezugsperson unternimmt der Schulleiter innerhalb von 20 Tagen ab Erhalt der Einwilligung der Eltern oder des Schülers Folgendes:

  • er beschließt die einfach umzusetzenden angemessenen Vorkehrungen; oder
  • er befasst die Klassenkonferenz mit der Sache, die die angemessenen Vorkehrungen gegebenenfalls genehmigt; oder
  • er übermittelt den Antrag an die Kommission für angemessene Vorkehrungen, dies insbesondere im Falle von Vorkehrungen, die einen wesentlichen Einfluss auf die Bewertungsbedingungen haben.

Anrufung der Kommission für angemessene Vorkehrungen

Im Falle einer Hinzuziehung der Kommission kann deren Vorsitzender Experten bitten, eine Bilanz zu erstellen und angemessene Vorkehrungen vorzuschlagen.

Nach Überprüfung der Akte des betreffenden Schülers entscheidet die Kommission je nach Sachlage, ob angemessene Vorkehrungen notwendig sind oder nicht. Sie trifft ihre Entscheidung innerhalb eines Monats nach ihrer Anrufung.

Entscheidung und Widerspruch

Der Vorsitzende teilt dem Schulleiter und der Bezugsperson die Entscheidung der Kommission schriftlich mit.

Eltern oder volljährige Schüler, die nicht mit der Entscheidung des Schulleiters, der Klassenkonferenz oder der Kommission einverstanden sind, haben die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen.

Zu diesem Zweck können sie sich an die Nationale Inklusionskommission (CNI) wenden, die ihre Entscheidung innerhalb eines Monats nach ihrer Anrufung trifft.

Nachdem die angemessenen Vorkehrungen genehmigt wurden, hat der Schulleiter dafür zu sorgen, dass sie umgesetzt und ausgeführt werden. Entsprechend der Entwicklung des Förderbedarfs des betreffenden Schülers, das heißt im Falle einer Verbesserung oder Verschlimmerung seiner Behinderung, können die Vorkehrungen zu einem späteren Zeitpunkt angepasst oder ausgesetzt werden.

Abschlussprüfungen und integrierte Projekte

Im Falle von angemessenen Vorkehrungen, die:

  • die Darstellung des Prüfungsblatts ändern können; oder
  • die Modalitäten einer schriftlichen, mündlichen oder praktischen Prüfung oder eines integrierten Projekts ändern können;

unterrichtet der Regierungskommissar die Mitglieder der Prüfungskommission im Rahmen der Vorbesprechung über die zugunsten der betroffenen Kandidaten beschlossenen angemessenen Vorkehrungen.

Auf Empfehlung des Regierungskommissars kann der Minister einen Experten zum ordentlichen Mitglied der betreffenden Prüfungskommission bestellen.

Bewertung und Bescheinigung

Die Zeugnisse und Diplome sind die gleichen wie für alle Schüler, welche die Prüfungen bestanden haben. Sie enthalten demnach keinen Hinweis auf die angemessenen Vorkehrungen, die für den betreffenden Schüler angewandt wurden. In den Diplom- und Zeugniszusätzen sowie in den Notenaufstellungen sind jedoch Hinweise auf die folgenden angemessenen Vorkehrungen enthalten:

  • systematische Verwendung einer Rechtschreibprüfung;
  • Benutzung einer nicht vom Lehrplan vorgesehenen Verkehrssprache – Deutsch oder Französisch;
  • Freistellung von den mündlichen, praktischen, sportlichen Prüfungen oder von den Prüfungen eines Moduls;
  • Vorkehrungen, die ein Leistungsfach der Abschlussklasse oder das integrierte Projekt betreffen.

Weiterbildung

Der Schulleiter sorgt dafür, dass alle Mitglieder der Schulgemeinschaft über die Begründetheit der angemessenen Vorkehrungen für bestimmte Schüler informiert sind.

Hierzu kann er in Zusammenarbeit mit der Abteilung für die Koordinierung der pädagogischen und technologischen Forschung und Innovation (Service de coordination de la recherche et de l’innovation pédagogiques et technologiques - SCRIPT) des Ministeriums für Bildung, Kinder und Jugend Sensibilisierungskurse für die Schüler sowie Weiterbildungskurse für die anderen Mitglieder der Schulgemeinschaft organisieren.

Zuständige Kontaktstellen

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